Die Schulbegleitung ist für viele Familien ein entscheidender Baustein, damit Kinder mit Behinderungen oder seelischen Beeinträchtigungen ihren Schulalltag bewältigen können. Doch wer sich mit Anträgen, Zuständigkeiten und rechtlichen Grundlagen beschäftigt, stößt schnell auf viele Fachbegriffe aus der Eingliederungshilfe und dem Kinder- und Jugendhilferecht.
In diesem Glossar zur Schulbegleitung erkläre ich Ihnen die wichtigsten Begriffe von A bis Z – verständlich, praxisnah und rechtlich fundiert. So können Sie besser nachvollziehen, welche Schritte im Verfahren notwendig sind, wer für was zuständig ist und wie Sie die richtigen Entscheidungen für Ihr Kind treffen.
Inhaltsverzeichnis
ToggleAntrag
Der Antrag ist der erste und wichtigste Schritt auf dem Weg zur Schulbegleitung. Er wird beim zuständigen Leistungsträger – meist dem Jugendamt, Sozialamt oder der Krankenkasse – gestellt. Für eine erfolgreiche Bewilligung sollten Sie alle relevanten Unterlagen beifügen, insbesondere eine fachärztliche oder psychologische Stellungnahme, die belegt, dass Ihr Kind aufgrund einer Beeinträchtigung Unterstützung benötigt.
Bedarfsermittlung
Die Bedarfsermittlung dient dazu, den individuellen Unterstützungsbedarf Ihres Kindes festzustellen. Sie erfolgt durch den Leistungsträger (z. B. Jugendamt) anhand von Gutachten, Berichten der Schule und Gesprächen mit den Eltern. Ziel ist es, den Umfang und die Art der Hilfe so genau wie möglich zu bestimmen – damit die Unterstützung tatsächlich passgenau erfolgt.
Case Management
Beim Case Management werden verschiedene Hilfen koordiniert, damit sie optimal ineinandergreifen. Wenn Ihr Kind zum Beispiel zusätzlich zu einer Schulbegleitung auch therapeutische Unterstützung erhält, sorgt das Case Management dafür, dass diese Maßnahmen sinnvoll aufeinander abgestimmt sind.
Diagnostik
Eine fachärztliche oder psychologische Diagnostik bildet häufig die Grundlage für den Antrag auf Eingliederungshilfe. Sie beschreibt Art und Ausmaß der Beeinträchtigung und begründet, warum eine Schulbegleitung notwendig ist. Wichtig ist, dass die Diagnostik aktuell ist, i.d.R. nicht älter als 6 Monate und den schulischen Unterstützungsbedarf konkret benennt.
Eingliederungshilfe
Die Eingliederungshilfe soll Menschen mit (drohender) Behinderung eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen. Für Kinder und Jugendliche ist sie in § 35a SGB VIII (bei seelischer Behinderung) und in §§ 90 ff. SGB IX (bei körperlicher oder geistiger Behinderung) geregelt. Die Schulbegleitung ist eine Form dieser Hilfe.
Fachkraft
Ob eine Schulbegleitung von einer pädagogischen Fachkraft oder einer anderen geeigneten Person übernommen wird, hängt vom individuellen Bedarf ab. Bei komplexen Unterstützungsbedarfen kann eine pädagogische oder heilpädagogische Ausbildung erforderlich sein.
Hilfeplan
Der Hilfeplan ist das zentrale Dokument im Jugendhilferecht. Darin werden die Art der Hilfe, ihre Ziele und die beteiligten Personen festgelegt. Eltern haben das Recht, an der Hilfeplanung teilzunehmen und ihre Sichtweise einzubringen. Im Rahmen der Schulbegleitung wird hier unter anderem vereinbart, in welchem Umfang die Begleitung erforderlich ist.
Inklusion
Inklusion bedeutet, dass alle Kinder – unabhängig von Beeinträchtigungen oder Behinderungen – gemeinsam lernen und am Schulleben teilnehmen können. Die Schulbegleitung ist ein praktisches Instrument, um dieses Ziel umzusetzen. Sie sorgt dafür, dass jedes Kind die Unterstützung erhält, die es braucht, um aktiv am Unterricht und am sozialen Miteinander teilzunehmen.
Integrationskraft
Der Begriff „Integrationskraft“ wird häufig synonym zu „Schulbegleitung“ verwendet. Er bezeichnet Personen, die Kinder mit Behinderung oder besonderem Unterstützungsbedarf im Schulalltag begleiten. Ihre Aufgaben reichen von organisatorischer Hilfe bis zur emotionalen Unterstützung – abhängig vom individuellen Bedarf des Kindes.
Jugendamt
Das Jugendamt ist bei seelischen Behinderungen von Kindern und Jugendlichen nach § 35a SGB VIII zuständig. Es prüft, ob die Voraussetzungen für eine Schulbegleitung vorliegen, erstellt den Hilfeplan und erlässt den Bewilligungsbescheid. Eltern können beim Jugendamt jederzeit Akteneinsicht verlangen und sollten am gesamten Verfahren beteiligt werden.
Kostenübernahme
Wird eine beantragte Hilfe bewilligt, kann das mit Kosten für die Eltern verbunden sein. Das Gesetz unterscheidet hier zwischen ambulanten und vollstationären Hilfen.
Für ambulante Hilfen, wie die Schulbegleitung, fallen bei den Eltern keine Kosten an. Die Kosten trägt der zuständige Leistungsträger vollständig, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
Bei vollstationäre Hilfen, wie z.B. die Unterbringung in einer Pflegefamilie, können Eltern zu den Kosten herangezogen werden.
Leistungserbringer
Der Leistungserbringer ist der Träger, bei dem die Schulbegleiterin oder der Schulbegleiter angestellt ist. Er schließt einen Vertrag mit dem Kostenträger und sorgt für die fachgerechte Durchführung der Hilfe. Eltern sind in der Regel keine Arbeitgeber:innen, sondern Vertragspartner:innen im Hilfeplanverfahren.
Mitwirkungspflichten
Eltern sind verpflichtet, im Hilfeplanverfahren mitzuwirken – beispielsweise durch das Bereitstellen von Unterlagen, die Teilnahme an Gesprächen oder die Weitergabe relevanter Informationen. Gleichzeitig haben Sie Anspruch auf Transparenz und dürfen jederzeit Einsicht in die Verfahrensunterlagen verlangen.
Nachrangigkeit
Die Eingliederungshilfe ist nachrangig gegenüber anderen Sozialleistungen. Das bedeutet: Wenn eine andere Stelle – etwa die Krankenkasse – zuständig ist, muss zunächst dort ein Antrag gestellt werden. Erst wenn diese Leistung nicht greift, kommt die Eingliederungshilfe zum Tragen.
Offener Ganztag (OGS)
Wenn Ihr Kind am offenen Ganztag teilnimmt, kann der Unterstützungsbedarf über den Unterricht hinausreichen. Schulbegleitung kann auch während der OGS-Zeit erforderlich sein – zum Beispiel bei Hausaufgaben oder in sozialen Situationen. Wichtig ist, dass dieser Bedarf im Antrag ausdrücklich erwähnt wird.
Persönliches Budget
Das Persönliche Budget ermöglicht es, die Schulbegleitung eigenverantwortlich zu organisieren. Statt einer Sachleistung erhalten Sie Geld, um selbst eine geeignete Begleitperson anzustellen. Dieses Modell bietet mehr Selbstbestimmung, erfordert aber auch organisatorische Verantwortung.
Qualifikation
Die Qualifikation der Schulbegleiterin oder des Schulbegleiters hängt von den individuellen Bedürfnissen des Kindes ab. Während bei pflegerischen Aufgaben Fachkenntnisse erforderlich sind, kann bei pädagogischer oder sozialer Unterstützung auch Erfahrung und Empathie im Vordergrund stehen.
Rechtsanspruch
Kinder mit einer (drohenden) Behinderung haben einen gesetzlichen Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. Der Leistungsträger darf die Hilfe nicht nach Ermessen verweigern. Wird der Antrag dennoch abgelehnt, können Sie Widerspruch einlegen oder Klage erheben.
Schulbegleitung
Die Schulbegleitung ist eine individuelle Hilfe, die sicherstellt, dass ein Kind mit Behinderung oder Beeinträchtigung den Schulalltag bewältigen kann. Sie unterstützt beim Lernen, in der Kommunikation oder im sozialen Verhalten – immer mit dem Ziel, die Selbstständigkeit des Kindes zu fördern.
Teilhabe
Teilhabe bedeutet, dass jedes Kind die Möglichkeit hat, gleichberechtigt am schulischen und sozialen Leben teilzunehmen. Sie ist das Leitprinzip der Eingliederungshilfe. Schulbegleitung dient dazu, Barrieren zu überwinden und die Teilhabe konkret zu ermöglichen.
Zuständigkeit
Je nach Art der Beeinträchtigung ist das Jugendamt oder das Sozialamt zuständig. Bei seelischen Behinderungen ist das Jugendamt nach § 35a SGB VIII verantwortlich, bei körperlichen oder geistigen Behinderungen in der Regel das Sozialamt nach §§ 90 ff. SGB IX.
Sie möchten wissen, wie Sie die Schulbegleitung für Ihr Kind erfolgreich beantragen oder was Sie bei einem ablehnenden Bescheid tun können? Hier geht es zum Beitrag „Widerspruch“ einlegen.



