Wie legt man einen Widerspruch ein?

Wie schreibt man einen Widerspruch? Muss ein Widerspruch begründet werden? Ist ein Widerspruch per e-Mail zulässig und was kann man machen, wenn ein Widerspruch ignoriert wird?

In diesem Beitrag wird der Ablauf eines Widerspruchsverfahren gegen behördliche Entscheidungen kurz und verständlich erklärt.

Das Widerspruchsverfahren

Gegen Entscheidungen einer Behörde, sogenannte Verwaltungsakte, ist der Widerspruch möglich, wenn man mit einer Entscheidung ganz oder auch nur zum Teil nicht einverstanden ist.

Das Widerspruchsverfahren wird auch Vorverfahren genannt, weil es in den meisten Bundesländern vor einem Klageverfahren durchgeführt werden muss.

Sinn und Zweck des Widerspruchsverfahrens ist die nochmalige Überprüfung der Entscheidung durch die Behörde.

Muss ein Widerspruch begründet werden?

Auch wenn ein Widerspruch nicht begründet werden muss, ist es durchaus empfehlenswert zu erläutern, mit was genau und warum man nicht einverstanden ist.

Ablauf des Widerspruchsverfahren

Zuständige Behörde

Das Widerspruchsverfahren dient der Selbstkontrolle der Verwaltung.

Die Behörde erhält durch den Widerspruch die Gelegenheit, ihre Entscheidung zu überdenken und ggfs. zu korrigieren.

Dies gilt für die sogenannte Ausgangsbehörde: Das ist die Behörde, die den Bescheid erlassen hat.

Beispiel: Ein Antrag auf Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII wurde abgelehnt oder ein Bescheid nach § 34 SGB VIII durch das Jugendamt als Ausgangsbehörde aufgehoben, weil der junge Mensch angeblich nicht mitgewirkt hat.

Als auch für die Widerspruchsbehörde.

Bei dieser handelt es sich um die nächsthöhere Behörde, die als neutrale Behörde den Verwaltungsakt der Ausgangsbehörde überprüfen soll.

In diesem Zusammenhang erhalten Widerspruchsführer:innen – je nach Bundesland – die Gelegenheit, ihre Ansicht vor dem Anhörungsausschuss vorzutragen.

Hier besteht die Möglichkeit das Verfahren noch gütlich, also außergerichtlich zu beenden, in dem z. B. ein Vergleich abgeschlossen wird.

Ist keine Einigung möglich, gibt der/die Vorsitzende des Ausschusses eine Empfehlung an den Rechtsausschuss ab. Dort wird dann über den Widerspruch entschieden.

Gegen diese Entscheidung ist die Klage möglich, wenn dem Widerspruch nicht “abgeholfen” wurde und es daher bei der Entscheidung der Ausgangsbehörde bleibt.

Welche Form muss ein Widerspruch haben?

Der Widerspruch ist formlos möglich. Das bedeutet, er kann schriftlich, also

    • per Post oder

    • per Fax

mittels eines einfachen Schreibens an die Behörde eingelegt werden.

Das Widerspruchsschreiben sollte folgendes Angaben enthalten:

    • Eigene Anschrift

    • Adresse der Behörde

    • Datum

    • Aktenzeichen der Behörde

    • Datum des Bescheides, gegen den Widerspruch eingelegt wird

    • ggfs. eine Begründung

Achtung, eine einfache E-Mail reicht nicht aus!

Es sei denn die Behörde hat in ihrer Rechtsbehelfsbelehrung auf die Möglichkeit der Einlegung mittels (qualifizierter) E-Mailsignatur hingewiesen.

Auch eine Protokollierung des Widerspruch

    • vor Ort

ist möglich.

In diesem Fall ist es empfehlenswert, sich eine Kopie des Protokolls geben zu lassen.

Wie lange kann gegen einen Bescheid Widerspruch eingelegt werden?

Der Widerspruch ist innerhalb der Frist von einem Monat nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes einzulegen.

Grundsätzlich gilt ein Bescheid innerhalb von 3 Tagen nach Postaufgabe als Bekanntgegeben. Im Einzelfall kann es auch hier schon zu erheblichen Problemen kommen, auf die in einem anderen Beitrag noch einmal näher eingegangen wird.

Enthält der Verwaltungsakt, also der Bescheid von der Behörde keine oder eine unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung, hat man 1 Jahr Zeit, um den Widerspruch einzulegen.

Der Widerspruch kann fristwahrend auch bei jeder anderen inländischen Behörde oder bei einem Versicherungsträger (im Ausland auch bei deutschen Konsularbehörden) eingereicht werden.

Bei Fristversäumung kann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht kommen. An dieser Stelle soll nur darauf hingewiesen werden, dass es diese Möglichkeit gibt.

Grundsätzlich ist es empfehlenswert, den Widerspruch gleich bei der “richtigen” Behörde einzureichen. Oft wird das Verfahren sonst unnötig verzögert.

Aufschiebende Wirkung von Widersprüchen

Der Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt der Behörde entfaltet eine sogenannte aufschiebende Wirkung.

Das bedeutet, dass der Verwaltungsakt solange nicht umgesetzt werden darf, bis abschließend über den Widerspruch entschieden worden ist.

Von dem Grundsatz der aufschiebenden Wirkung gibt es grob gesagt 3 Ausnahmen:

  1. Bei Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben.
  2. Wenn die aufschiebende Wirkung durch ein Bundesgesetz ausgeschlossen ist. Das ist z. B. im SGB II der Fall.
  3. Wenn die Behörde die sofortige Vollziehung der Entscheidung angeordnet hat.

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In diesen Fällen hat man die Möglichkeit die aufschiebende Wirkung von einem Gericht anordnen oder wiederherstellen zu lassen.

Verbot der reformatio in peius

Was bedeutet das? Nach allgemein herrschender Meinung dürfen Widerspruchsführer:innen durch das Widerspruchsverfahren nicht schlechter gestellt werden.

Die Behörde darf also keine ungünstigere Entscheidung aufgrund des Widerspruchs treffen. Eine nachteilige Entscheidung ist aber dennoch in den Grenzen von §§ 45, 48 SGB X möglich, wenn die Widerspruchsbehörde z. B. zur Rücknahme des Ursprungsbescheides befugt ist.

Beispiel: Es wurde zu viel Pflegegeld nach § 33 SGB VIII berechnet. Der entsprechende Bescheid war günstig aber rechtswidrig und kann von der Behörde korrigiert werden.

Widerspruch eingelegt aber nichts passiert

Nach Eingang des Widerspruchsbescheides bei der Behörde hat diese 3 Monate Zeit, um ihre Entscheidung zu überprüfen und dem Widerspruch entweder abzuhelfen oder einen Widerspruchsbescheid zu erlassen, wenn sie an ihrer Entscheidung festhält.

Am besten ist es, wenn man nach spätestens 2 Monaten nach dem Stand des Widerspruchsverfahrens fragt. Hat die Behörde auch nach Ablauf der 3 Monate keine Entscheidung getroffen, kann eine sogenannte Untätigkeitsklage eingelegt werden.

Im Sozialrecht ist das nach § 88 SGG möglich. Wichtig zu wissen ist, dass das Gericht keine Entscheidung in der Sache trifft, sondern die Behörde an die ausstehende Entscheidung „erinnert“, was oft wirkungsvoller ist, als wenn man selbst die Behörde anschreibt.

Für Widersprüche im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe ist das Verwaltungsgericht und nicht das Sozialgericht zuständig. Hat man also das Gefühl, von der Behörde ignoriert zu werden, ist die Klage gegen die Untätigkeit der Behörde nach § 75 VwGO möglich.

Die Abhilfeentscheidung

Teilt die Behörde die Argumente im Widerspruch, wird sie dem Widerspruch “abhelfen”.

Der Widerspruch ist also erfolgreich gewesen.

Der Widerspruchsbescheid

Hilft die Behörde dem Widerspruch nicht oder nur in Teilen ab, muss ein schriftlicher (Teil-)Widerspruchsbescheid durch die Behörde erlassen und begründet werden.

Der Widerspruchsbescheid muss eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten sowie die Frist und die Angabe des zuständigen Gerichts, bei dem Klage eingelegt werden kann.

Was kostet ein Widerspruchsverfahren?

Die Kosten für ein Widerspruchsverfahren sind in den Verwaltungsverfahrensordnungen der verschiedenen Bundesläner geregelt.

Im Kinder- und Jugendhilferecht fallen keine Gebühren für das Widerspruchsverfahren an und auch das Gerichtsgebühren entstehen in diesem Rechtsgebiet nicht.

Wurde dem Widerspruch abgeholfen, hat die Behörde andersherum die Kosten zu erstatten, die für die Einlegung des Widerspruchs entstanden sind. Das gilt für alle Widerspruchsverfahren.

Dazu gehören zum Beispiel die Rechtsanwaltskosten, wenn man sich Rechtsbeistand für den Widerspruch gesucht hat.

Aber auch die eigenen Kosten, wie z. B. Fahrtkosten zum Anhörungsausschuss können erstattet werden.

In beiden Fällen ist ein formloser Antrag auf Erstattung der Kosten zu stellen.

Hier gibt es den Artikel als Schritt-für-Schritt-Anleitung inklusive Muster-Widerspruch zum Download.

2 Kommentare zu „Wie legt man einen Widerspruch ein?“

  1. Pingback: Grad der Behinderung beantragen – Kinder- und Jugendhilferecht

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