So bekommen Sie Unterstützung für mehr Teilhabe im Alltag
Eingliederungshilfe ist ein zentrales Thema für viele Menschen, die mit einer Behinderung, Entwicklungsverzögerung oder psychischen Erkrankung leben.
Doch was genau bedeutet Eingliederungshilfe eigentlich?
Wer hat Anspruch?
Und wie stellt man einen Antrag?
In diesem Beitrag erkläre ich Ihnen Schritt für Schritt, was Eingliederungshilfe ist und warum es sich lohnt, Ihre Rechte zu kennen und zu nutzen.
Eingliederungshilfe
Die Eingliederungshilfe ist eine gesetzliche Leistung für Menschen mit Behinderungen.
Ihr Ziel: gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft.
Ob bei der Arbeit, in der Schule, im Alltag oder bei sozialen Kontakten – die Eingliederungshilfe soll Barrieren abbauen und Menschen mit Behinderung ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen.
Wichtig zu wissen: Seit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) ist die Eingliederungshilfe nicht mehr Fürsorge, sondern ein Rechtsanspruch auf individuelle Unterstützung.
Wer hat Anspruch auf Eingliederungshilfe?
Anspruch haben Menschen, die durch eine körperliche, geistige, seelische oder Sinnesbeeinträchtigung länger als sechs Monate in ihrer Teilhabe am gesellschaftlichen Leben eingeschränkt sind – oder davon bedroht sind.
Das kann z. B. betreffen:
- Kinder mit Entwicklungsverzögerung
- Jugendliche mit Autismus
- Erwachsene mit Depression oder Angststörung
- Menschen mit körperlicher oder geistiger Behinderung
Auch psychische Erkrankungen oder Lernbehinderungen können also eine Berechtigung für Eingliederungshilfe sein.
Ziele Eingliederungshilfe
Ziel ist es, dass Menschen mit Behinderungen ihr Leben so selbstständig und eigenverantwortlich wie möglich führen können – ob zu Hause, in der Schule, im Beruf oder in der Freizeit.
Dabei stehen folgende Grundsätze im Vordergrund:
- Selbstbestimmung stärken
- Barrieren abbauen
- Inklusion fördern
Die gesetzliche Grundlage dafür ist § 90 SGB IX.
Welche Leistungen gibt es?
Die Eingliederungshilfe deckt vier große Bereiche ab – je nach Lebenslage und individuellem Bedarf:
1. Medizinische Rehabilitation
Beispielsweise Psychotherapie, Hilfsmittel (wie Therapiedreirad), Frühförderung.
2. Teilhabe am Arbeitsleben
Budget für Arbeit, Arbeitsassistenz, Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM), Inklusionsbetriebe.
3. Teilhabe an Bildung
Schulbegleitung, Hilfen im Studium, technische Lernhilfen.
4. Soziale Teilhabe
Assistenz im Alltag, Mobilitätshilfen, Begleitung bei Freizeitaktivitäten, heilpädagogische Förderung.
Alle Leistungen sollen personenzentriert und auf Augenhöhe gestaltet sein – also individuell passend, nicht von der Einrichtung bestimmt.
Wie wird der Antrag gestellt?
Der Antrag muss bei dem zuständigen Träger der Eingliederungshilfe gestellt werden – meist das Sozialamt oder Jugendamt.
Für Kinder und Jugendliche ist das Jugendamt nach § 35a SGB VIII zuständig.
Ablauf in Kürze:
- Antrag stellen (formlos möglich, besser schriftlich)
- Bedarfsermittlung (Gespräch und evtl. Gutachten)
- Gesamtplanverfahren (gemeinsame Planung)
- Bewilligungsbescheid erhalten
Hinweis: Betroffene haben ein Wunsch- und Wahlrecht – z. B. bei der Auswahl der Schule oder Assistenz.
Was tun, wenn der Antrag abgelehnt wird?
Wenn ein Antrag abgelehnt wird, haben Sie das Recht, Widerspruch einzulegen – und notfalls auch zu klagen.
In dringenden Fällen (z. B. drohender Schulbeginn) ist auch ein einstweiliger Rechtsschutz möglich.
Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche
Bei Kindern spielt die Eingliederungshilfe z. B. in diesen Situationen eine Rolle:
- Frühförderung im Kindergartenalter
- Schulbegleitung bei Autismus oder ADHS
- Unterstützung für Pflegekinder mit Behinderung
- Hilfen bei Übergängen (z. B. Schule → Beruf)
Auch hier gilt: Eltern dürfen und sollen mitreden. Es geht nicht darum, was „die Schule will“, sondern was Ihr Kind braucht.
Was bedeutet personenzentriert in der Eingliederungshilfe?
Früher drehte sich alles um Einrichtungen. Heute soll die Hilfe sich nach dem Menschen richten – nicht umgekehrt.
Das heißt: Die Unterstützung wird so gestaltet, dass sie zur Lebenssituation passt. Ob ambulant, zuhause, mit Assistenzhund oder in einem Inklusionsprojekt – die Bedürfnisse der betroffenen Person stehen im Mittelpunkt.
Eingliederungshilfe als Schlüssel zur Inklusion
Eingliederungshilfe kann ein echter Türöffner sein – für Bildung, Beruf, Teilhabe und Lebensqualität. Sie ist kein „Extra“, sondern ein gesetzlich verankertes Recht.
Nutzen Sie dieses Recht.
Sie sich Unterstützung.
Und bleiben Sie dran – für sich selbst, für Ihr Kind, für mehr Gerechtigkeit im Alltag.
Haben Sie Fragen? Ich freue mich über Nachrichten an info@wiesbaden-sozialrecht.de